Die Anwohner der Liebfrauenbergstraße interessiert naturgemäß auch: Wie viel soll uns das Ganze kosten? Anlieger setzten sich kürzlich zusammen, formulierten ihre Einschätzungen und Forderungen an den Stadtrat. „Braucht Meisenheim nach Freibad und Sportplatz ein weiteres Projekt, das für negatives Aufsehen über die Grenzen der Stadt hinweg sorgt?“, wird gefragt.
Die wichtigsten drei Punkte aus Sicht der Anwohner lauten: Die Anlieger der Liebfrauenbergstraße werden sich nicht an Ausbaubeiträgen für die Umleitungsstrecke beteiligen; die Höhe von 70 Prozent der Ausbaukosten, die die Anlieger zahlen sollen, steht nicht in der richtigen Relation zu den 30 Prozent Stadtanteil, der zudem durch Zuwendungen aus dem Investitionsstock gemindert wird; die Anlieger fordern eine für sie günstigere Kostenaufteilung von Stadt und Anliegern zu gleichen Teilen.
Zahlreiche Anwohner stellen im Schreiben an die Stadtratsmitglieder sowie an VG-Bürgermeister Dietmar Kron und Stadtbürgermeister Werner Keym fest: „In der Ratssitzung vom 17. Januar wurde mit Beschlüssen zur Verkehrsanbindung der Glantal-Klinik während der Sperrung der Liebfrauenbergstraße ein weiterer Meilenstein in Richtung Fertigstellung der Glantal-Klinik gesetzt. Kurzfristig wird mit dem Submissionstermin zu den Ausbauarbeiten der Straße auch eine Entscheidung zur Aufteilung der Ausbaukosten für Stadt und Anlieger anstehen. Wir halten es an dieser Stelle für wichtig, unsere Gedanken zu beiden Punkten zu bündeln, bevor wir unseren Fachanwalt einschalten, wenn wir nicht im bilateralen Gespräch einen Konsens finden sollten.“
Zu den strittigen Themen äußern sich die Anlieger ausführlich, so beispielsweise zu der Umleitungsstrecke: „Trotz aller einseitiger Euphorie zur Umleitungsentscheidung sind die Parameter hierzu falsch gesetzt.“ Die Beschlüsse werden sehr kritisch bewertet. Dass die Kosten für die Umleitungsstrecke von den Anliegern der Liebfrauenbergstraße zu tragen sind, wollen diese nicht akzeptieren. Die Auswirkungen auf die Beiträge habe man „mit dem psychologischen Gesetz der kleinen Zahl schmackhaft gemacht“, wobei die Aussagen hierzu keinesfalls belegt wären. „Die Auswahl der Umleitungsstrecke erfolgt nicht nach ökonomischen und realisierbaren Aspekten, sondern ausschließlich nach Interessen außerhalb des Anwohnerbereiches des Liebfrauenbergs. Das kann nicht sein. Das Verursacherprinzip wird hier nicht gewahrt. Den Grundsatz ,Wer bestellt, der bezahlt' vermissen wir“, so die enttäuschten Anlieger.
Die Stadt handele keinesfalls gemäß der haushaltspolitischen Empfehlung der Kommunalaufsicht, kostensparend zu wirtschaften. Alle möglichen Umleitungsvarianten seien grundsätzlich machbar – nicht zu vergessen die Variante über den Keddart: „Unseres Erachtens ist die Abfahrt von der Glantal-Klinik in Richtung Roth mit Pkw und anderen Fahrzeugen bis 3,5 Tonnen bei entsprechendem Ausbau durchaus möglich.“
Vorteile aus der Umleitung hätten lediglich Mitarbeiter, Patienten und Besucher der Glantal-Klinik. Nutznießer seien auch die Anwohner der Siedlung. „Für die Anwohner der Liebfrauenbergstraße ist die Straße gesperrt, und die Umleitungen sind nur für die Klinik notwendig. Warum sollen wir also für etwas zahlen, was wir durch die Sperrung der Straße nicht nutzen können? “, fragen die Anlieger.
In Zukunft extreme Belastung
Nach Fertigstellung der neuen Glantal-Klinik (inklusive Sprachheilzentrum) mit Facharztzentrum erwarten die Anwohner in der Liebfrauenbergstraße, einer Sackgasse, eine Verkehrsbelastung von mindestens 1400 Fahrten pro Tag durch Personal, Patienten, Besucher und Lieferverkehr sowie durch Krankenwagen und Notarztfahrzeuge. Die etwa 70 Fahrten der Anlieger kämen hinzu. Die Liebfrauenbergstraße müsse als exponierte, innerstädtische Durchgangsstraße mit sehr hohem Verkehrsaufkommen, das der Allgemeinheit zuzurechnen sei, qualifiziert werden. „Diese extreme Verkehrsbelastung rechtfertigt eine entsprechende Berücksichtigung bei der Aufteilung der Ausbaukosten. Die Liebfrauenbergstraße ist keine typische Anwohnerstraße. Sie ist wegen der sehr hohen Frequentierung nicht nur an fünf Tagen, sondern an sieben Tagen in der Woche mindestens vergleichbar, wenn nicht sogar deutlich stärker belastet als die Lindenallee in Meisenheim“, sind sich die Anlieger der Liebfrauenbergstraße sicher.
Sie erwarten beim Kostensplitting, dass der Stadtanteil das Verkehrsaufkommen repräsentiert, das der Allgemeinheit zuzurechnen ist und den öffentlichen Auftrag der Klinik widerspiegelt, sich somit deutlich über dem bislang diskutierten 30-prozentigen Stadtanteil bewegen muss. Die Anwohner der Liebfrauenbergstraße fordern zeitnah als Verfahrensbeteiligte Informationen über die Gesamtkosten des Straßenausbaus nach der Erteilung des Auftrags, ein restriktives Ausbaukostenmanagement zur Vermeidung von unangemessenen Kostensteigerungen, die Vorlage der Gesamtabrechnungsflächen für die Anlieger und die Kostenverteilung sowie Ablöseangebote laut Ausbausatzung für die Ausbaukosten für jeden Grundstückseigentümer. Die Anwohner bitten den Stadtrat, die Beschlüsse vom 17. Januar zu überdenken.
Von unserem Redakteur Klaus Dietrich