Kreis Bad Kreuznach - Sollen die Kreise künftig klamme Städte mitfinanzieren? SPD-Landtagsfraktionschef Hendrik Hering regt ein entsprechendes Zukunftsbündnis an, nennt größere Städte wie Mainz, Koblenz, Trier oder Ludwigshafen als mögliche Beispiele. Wäre dies auch ein gangbarer Weg für die Stadt Bad Kreuznach und den Kreis?
Für Landrat Franz-Josef Diel ist das keine Option – während sich Bad Kreuznachs Oberbürgermeisterin Heike Kaster-Meurer durchaus vorstellen kann, künftig in größeren Einheiten zu denken. Diel (CDU) betont: „Die Stadt ist defizitär, der Kreis ist defizitär, das wird zusammen auch nicht besser." Zudem müsse man aufpassen, nicht in ein „Schwarz-Weiß-Denken" zu geraten und die Stadt gegen das Umland auszuspielen: „Wir sind eine Region", sagt der Landrat. Abgesehen davon sei das Stadt-Umland-Gefälle für Bad Kreuznach als kreisangehörige Stadt nicht so groß wie in den kreisfreien Städten im Land. Schulen und andere Einrichtungen finanziere der Kreis nämlich mit – anders als etwa in Mainz. Aus seiner Sicht liegt die Lösung ohnehin nicht im vertikalen Ausgleich auf kommunaler Ebene, wie von Hering vorgeschlagen, sondern im horizontalen durch das Land. Nicht ohne Grund habe der Verfassungsgerichtshof eine bessere Finanzausstattung der Kommunen angemahnt. „Das Land muss die Kosten für Jugendhilfe und Sozialhilfe übernehmen", fordert er Entlastung an anderer Stelle – für Kreise ebenso wie für Städte.
Bad Kreuznachs Oberbürgermeisterin Heike Kaster-Meurer (SPD) hält es dagegen für sinnvoll, künftig beim Thema Stadt-Umland „in größeren Einheiten" zu denken. Denn in der Tat nutzten Bürger aus den umliegenden Gemeinden kulturelle und soziale Einrichtungen wie Stadtbibliothek oder Museen – ohne dass sich das Umland an der Finanzierung beteiligt. „Es wäre schön, wenn es diese Möglichkeit gäbe", betont die OB. Dafür sollte das Umland dann auch ein Mitspracherecht bekommen. Heute trage die Stadt bei vielen Einrichtungen die Kosten für alle Nutzer, egal woher sie kommen. Ein Beispiel sei das Freibad Bosenheim an der Stadtgrenze: „Wir subventionieren jede Eintrittskarte für das Schwimmbad", sagt Kaster-Meurer. Also auch für jeden Hackenheimer, der dort schwimmen geht, während seine Steuern in der Nachbargemeinde in den Haushalt fließen.
Bad Kreuznachs VG-Bürgermeister Peter Frey (SPD) ist der Ansicht, dass der Gesetzgeber eben nachbessern muss, falls er zu dem Schluss kommt, dass eine finanzielle Schieflage zwischen Stadt und Kreis entstanden sei. Das sieht Frey jedoch zurzeit nicht. „Bei dieser Diskussion wird gern vergessen, dass die Einwohner aus dem Umland auch ihre Kauf- und Arbeitskraft in die Städte einbringen", erklärt er. Das wiederum wirke sich auf die Gewerbe- und Umsatzsteuer der Städte aus. Was Büchereien und Schwimmbäder angeht, die von vielen Menschen genutzt, aber aus dem Stadthaushalt finanziert werden, so würden für solche Einrichtungen ja auch Gebühren und Eintritte erhoben. Außerdem bekämen die Städte Schlüsselzuweisungen über den kommunalen Finanzausgleich, die die Gemeinden nicht oder nur in geringerem Umfang erhalten.
Auch Rüdesheims VG-Bürgermeister Markus Lüttger (CDU) hält nichts von Herings Idee. „Für eine Großstadt wie Mainz mag das eine Option sein, für Bad Kreuznach und den Kreis sicher nicht", betont er. Lüttger sieht in der Situation zwischen Stadt und Kreis eher ein Geben und Nehmen beziehungsweise ein „wechselseitiges Profitieren", wie er es formuliert. Und wenn einmal ähnlich gelagerte Überlegungen wie die von Hering in der Region anstünden, „würde ich mich vehement gegen eine Mitfinanzierung der Stadt wehren", macht er deutlich. Die Bürger im ländlichen Raum hätten auch kein Verständnis dafür, wenn sie für den Besuch einer Stadtbibliothek oder eines Schwimmbads einen Extra-Beitrag zahlen müssten. Zumal gerade das Stadtgebiet von vielen Faktoren profitiere, die ländliche Regionen nicht beziehungsweise begrenzt vorhalten könnten: „Die Stadt hat den Großteil der Gewerbebetriebe und eine gute Infrastruktur", erklärt Lüttger – während man im ländlichen Raum beispielsweise jahrelang kämpfen müsse, bis eine flächendeckende DSL-Versorgung gewährleistet ist oder sich mit brisanten Themen wie Ausgleichsflächen für Windkraft auseinandersetzen müsse.
Silke Jungbluth-Sepp / Cordula Kabasch / Stephan Brust