Der Förderverein Synagoge ist zurzeit dabei, die Räume im ehemaligen Haus Bregenzer nebenan einzurichten. Die ersten Besucher waren Lukas Schneeweiß, Urenkel von Alfred Marum, und Ted Efremoff, der die Video-Installation im Kulturhaus geschaffen hat.
„Es ist für mich immer wieder spannend, hierherzukommen und zu sehen, dass es weitergeht", äußert sich Lukas Schneeweiß. Ted Effremoff, der auf dem Weg zu einem Seminar, das er an einer Hochschule in Ludwigsburg halten wird, in Bad Sobernheim Station machte, äußert seinen Respekt vor dem neuen Projekt des Fördervereins. „Es ist eine kleine Gemeinschaft, die sich sehr bemüht, die jüdische Geschichte der Stadt zu dokumentieren." Auch nach der Fertigstellung des Kulturhauses gehe das Engagement weiter. Vom Vorsitzenden des Fördervereins, Hans Eberhard Berkemann, ließen sich Efremoff und Schneeweiß die Archivräume zeigen.
Nach und nach sollen hier die Dokumente über das Leben der jüdischen Familien Bad Sobernheims geordnet ihren Platz finden. In 32 Jahren der Forschung hat Berkemann Berge von Schriftstücken zusammengetragen. Dazu gehören allein neun Aktenordner über die Familie Marum, dazu Nachlässe der Familie Ostermann und des Kaufhauses Wolf. „Es ist ein ungeheurer Vertrauensvorschuss, dass die Familien uns diese Schätze anvertraut haben", betont Berkemann und nennt als Beispiel die Sammlung historischer Familienfotos der Marums, die – akribisch beschriftet – auf Glasplatten erhalten sind. Auf 825 Karteikarten hat Berkemann Stichworte zu den jüdischen Familien notiert, „ohne Anspruch auf Vollständigkeit", wie er anmerkt.
Lukas Schneeweiß und Ted Efremoff vertieften sich sogleich in die großformatige Ahnentafel der Familie Marum und widmeten sich den alten Bildern von der Produktion in der Strumpffabrik. Sichtlich enttäuscht zeigte sich Lukas Schneeweiß von den Abrissplänen für das ehemalige Fabrikgebäude. „Ich weiß nicht, ob das ein Rückschritt ist", meint er und verweist vor allem auf den Übergang mit der Uhr und dem charakteristischen Firmen-Schriftzug, der viele Jahrzehnte das Stadtbild Sobernheims an dieser Stelle geprägt hat.
Auch Hans Eberhard Berkemann bedauert, dass dieses Gebäude verschwinden wird. „Damit geht ein Stück Geschichte verloren", sagt er. Schriftzug und Uhr sollen gesichert werden und im Heimatmuseum im Priorhof einen Platz finden. Lukas Schneeweiß hofft, dass sich aus dem alten Fabrikgebäude der eine oder andere Gegenstand retten lässt, etwa ein Fenstergitter oder eine Lampe. Der 34-jährige Meisterschüler an der Kunsthochschule Karlsruhe hat sich darauf spezialisiert, aus alten Gebrauchsgegenständen moderne Kunst-Installationen zu schaffen.
Das Archiv soll Nachfahren der ehemaligen Bürger Bad Sobernheims jüdischen Glaubens die Möglichkeit bieten, die Vergangenheit ihrer Familien zu erforschen. Zudem können Schüler der Oberstufe des Gymnasiums hier Material für Facharbeiten finden.
„Es ist das Ergebnis jahrelanger intensiver Vereinsarbeit, gemäß unserem Ziel, das jüdische Erbe der Stadt zu bewahren", betont Hans Eberhard Berkemann. Begeistert zeigte er sich über die Unterstützung der Stadt Bad Sobernheim. Erster Beigeordneter Alois Bruckmeier habe „durch körperlichen Einsatz" dazu beigetragen, dass die Archivarbeit nun beginnen könne. „Er hat Regalböden geschleppt und montiert", berichtet Berkemann. Zusammen mit dem Zweiten Beigeordneten Ulrich Schug habe Bruckmeier einen Schreibtisch aufgebaut und einen Computer aus den Beständen der Verwaltung montiert. „Das war ein richtiggehender Kraftakt." Marion Unger