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Channel: Nachrichten aus dem Oeffentlichen Anzeiger Bad Kreuznach
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Kommen Rotmilane Windpark bei Alt-Pferdsfeld in die Quere?

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Rotmilane seien im Soonwald zu Hause, lebten hier in großer Zahl, versichern die 60 Mitglieder der Bürgerinitiative Gegenwind. Insofern sei die aktuelle Erkenntnis des Landesamtes für Umwelt, Wasserwirtschaft und Gewerbeaufsicht nichts Neues. „Das sagen wir schon seit Jahren", betont der Ippenschieder Ortsbürgermeister Reinhard Koch. „Nur will die Planungsgemeinschaft Rheinhessen-Nahe das, was wir sagen, nicht hören".

Der „Oeffentliche" berichtete bereits am Freitag ausführlich über die 1,5 Kilometer große Schutzzone um den vor Wochen entdeckten Rotmilan-Horst bei Seesbach, der nun einzuhalten ist. Dem muss der Wörrstädter Windrad-Bauer Juwi folgen, reduziert daher sein geplantes Windpark-Projekt auf einer Fläche von 233 Hektar um drei auf nunmehr zehn Räder. Ein sich wirtschaftlich tragender Windpark sei auch mit reduzierter Radzahl möglich, so Juwi-Pressesprecher Michael Löhr und der Pferdsfeld-Projektmanager Christian Gander im Gespräch mit unserer Zeitung.

Reinhard Koch bleibt seinen Feststellungen den Beweis nicht schuldig und überließ uns am Freitag Fotos; auf einem sind gleich fünf Rotmilane zu sehen; allesamt von ihm selbst mit einer 300-Millimeter-Optik aufgenommen.

Sind im Soonwald tatsächlich so viele der Greifvögel, deren Flügelspannweite 70 Zentimeter beträgt, zu Hause? Wir fragten einen anerkannten Fachmann, Rudolf Weichbrodt aus Simmertal. Der 87-jährige Vogelexperte beobachtet und studiert gefiederte Tiere schon seit Kindheitstagen. Ja, auch er habe im Soonwald bereits viele Rotmilane gesehen: „Der Horst bei Seesbach ist keine Ausnahme." Und: „Da gibt es eine größere Population." Wenn er Rotmilane sehen wolle, müsse er nur nach Pferdsfeld fahren.

Vor zwei Jahren saßen um 30 dieser Milane auf Koppeldrähten und -pfosten bei Alt-Eckweiler, berichtet der heute gehbehinderte Senior seine Beobachtung. Der Soonwald gelte als Hauptdurchflugsgebiet der Milane; eine derart große Zahl an einem Fleck sei also nichts Besonderes. Grundsätzlich eigne sich der Soonwald gut als deren Brutstätte: Ein Rotmilan liebe die Abgeschiedenheit von Waldrändern, lasse sich nicht an Straßen, Spielplätzen oder Holzeinschlagsstücken nieder. Im Äppelbachwald zwischen Simmertal und Seesbach habe er die Milane schon häufig gesehen, betont Weichbrodt und nennt einen Milan-Korridor zwischen Waldfriede-Kallweiler und Winterburg bis hinauf nach Stromberg. Die Vögel flögen um 30 bis 40 Meter hoch, aber nicht geradeaus wie eine Schwalbe, sondern in einer schaukelnden Bewegung. Allzu dicht stehende Windräder könnten ihm Probleme bereiten, nicht aber, wenn die Rotoren weitläufig verteilt seien.

Ob er den neuen und knapp 120 Meter hohen Windmast in Ippenschied sehen könne? „Nein", sagt Ortsbürgermeister Koch. Sehr wohl werde man aber eines Tages die Windräder mit einer Nabenhöhe von 163 Metern und einer maximalen Rotorspitze von 230 Metern sehen. Vom Flugplatz Domberg aus habe man kürzlich einen einmotorigen Flieger in den Soonwald gebeten. In exakt 230 Metern sei er über dem geplanten Standort der Windräder gekreist. „Wahnsinn", kommentiert Reinhard Koch, „wie hoch die Dinger werden." Auch das habe er fotografiert.

Für den Ippenschieder bleibt das Grundsätzliche: Vor Tagen habe er sich den 47-seitigen Windatlas von Ministerin Eveline Lemke angeschaut. „Was da auf uns zukommt", sagt der Ortsbürgermeister, „das wird ein Fiasko." Und alles auf Kosten der Verbraucher, die die subventionierten Windparks über einen höheren Strompreis bezahlten: „Wenn der Erlös wenigstens einer Kommune und nicht nur Einzelnen zugute käme." Ob Milan oder Förderung – Koch wiederholt: „Das sind alles Dinge, auf die wir seit Jahren hinweisen."

Für Stadtbürgermeister Michael Greiner ist die Nachricht vom Milan-Horst nicht neu. Die Stadt sei mit einem Rad, das auf ihrem Gelände stehe, nach wie vor dabei. Er rät, jetzt erst einmal die Messungen abzuwarten. Vielleicht änderten sich ja die Windkorridore und damit auch die Standorte. Dann sei die Stadt plötzlich draußen. Vor allem warnt er davor, „schon heute mit Pachtsummen zu kalkulieren, die noch gar nicht sicher sind."

Energiewende: Zu welchen Konsequenzen sind wir bereit?

Energiewende, ja oder nein? Für Klaus Nieding, Vorsitzenden der Kreisjägerschaft mit rund 800 Waidmännern und -frauen, ist die Kernfrage: Welche Folgen akzeptiere die Gesellschaft bei der Umsetzung dieser Energiewende, deren Ziel der Ausstieg aus der Atomkraft sei. Man müsse sich der Konsequenzen bewusst sein – und sie tragen! Was er vermisst, ist eine koordinierende Kraft auf Bundesebene: „Derzeit macht doch jeder, was er will." Ein weiterer Themenkomplex sei, welche Tiere man verschrecke oder gar vertreibe. Neben dem Rotmilan nannte er auch die Wildkatze und andere Waldbewohner, die durch die Verspargelung der Landschaft in ihrem Lebensraum gestört werden könnten. Noch gebe es aber keine Langzeituntersuchungen, etwa bei Schalenwild, dafür stünden die Windräder nicht lange genug. Stefan Munzlinger


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