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Vertretungslehrer am Kreuznacher LiHi  kämpfen um Festanstellung

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Auf sie warten die Arbeitslosigkeit und große Ungewissheit. Im Kreis Bad Kreuznach trifft es wie bereits berichtet 98 Lehrer. Wir haben mit zwei gesprochen, deren Anträge auf Festanstellung von der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) abgelehnt wurden: Dr. Annette Esser und Jens Werner, beide Lehrer am Bad Kreuznacher Lina-Hilger-Gymnasium.

Jens Werner unterrichtet seit drei Jahren Sport am LiHi. 1987 schloss der Bad Kreuznacher sein Diplom-Sportstudium als Bester seines Jahrgangs ab, wurde sogar vom Kultusministerium mit dem Wanderpreis ausgezeichnet. Da ist es doppelt bitter, wenn der 51-Jährige heute von der ADD zu hören bekommt, dass ihm die Befähigung für ein unbefristetes Vertragsverhältnis fehlt, weil er kein zweites Staatsexamen besitzt. Für die ADD ist auch auf Nachfrage unserer Zeitung genau das der springende Punkt. Werner kann da nur den Kopf schütteln. Aus zwei Gründen.

Grund eins: Die Befähigung für einen Beruf sei doch abhängig von der Qualifikation, sagt er. „Und ich bin hoch qualifiziert." Nicht nur wegen des Diplom-Sportstudiums. Bevor er 2006 erstmals an der IGS Stromberg unterrichtete, arbeitete er unter anderem als Sportreferent beim Deutschen Golf Verband, erwarb zusätzliches Fachwissen in den Bereichen motorisches Lernen, Methodenkonzepte und Medienkompetenz, das er in seinen Unterricht einfließen lässt. Außerdem organisierte er später selbstständig Sportveranstaltungen, wurde auch Lehrer und Ausbilder für Nordic Walking. Noch heute betreibt er eine Sportagentur in Bad Kreuznach.

Grund zwei: „Wenn die Befähigung für eine Tätigkeit als Sportlehrer allein vom Abschluss des zweiten Staatsexamens abhängt, wie konnte ich dann drei Jahre zwischen 12 und 15 Stunden unterrichten?", fragt Werner in einem Schreiben an die ADD sowie an Ministerpräsidentin Malu Dreyer und Bildungsministerin Doris Ahnen. Und wenn das der einzige Grund für die Ablehnung seines Antrags ist, fragt er gleich noch hinterher, wieso die ADD dann knapp drei (!) Monate gebraucht hat, um ihm eine Antwort zu schicken.

Den Antrag auf Entfristung hatte er am 15. April gestellt, als er gehört hatte, dass es einen Erlass gibt, nachdem Vertretungslehrer, die mindestens zwei Jahre an einer Schule tätig sind, zunächst für sechs Monate keinen neuen Vertrag bekommen. Die Antwort der ADD mit der Ablehnung, datiert vom 13. Juni, ging beim LiHi erst am 10. Juli ein und wurde zwei Tage später an ihn weitergeleitet – also am Ende der ersten Ferienwoche. Daraufhin formulierte er direkt ein neues Schreiben, in dem er der Ablehnung widerspricht. Antwort bis heute: Fehlanzeige.

Auf Anfrage bei der ADD heißt es: Es sei stets sorgfältig geprüft worden, ob Werner eine unbefristete Weiterbeschäftigung oder ein weiterer, befristeter Vertrag angeboten werden kann. Dass ihn die Antwort erst einen Monat nach Erstellung erreicht habe, sei nicht die Regel und Verzögerungen auf dem Dienstweg geschuldet. Und dass noch eine Antwort auf sein zweites Schreiben ausstünde, sei bedingt durch die Urlaubszeit. Gleichzeitig heißt es, dass der Bedarf von 110 Sportstunden am LiHi im nächsten Schuljahr durch zehn Lehrkräfte (inklusive Vertretungslehrer und Referendarin) gedeckt sei.

Schlechte Aussichten also für Jens Werner. Der kämpft weiter, sagt aber auch: „Ich gehe nur mit einem unbefristeten Vertrag zurück." Gut, dass er parallel noch eine Sportagentur betreibt. Nichtsdestotrotz hängt sein Herz an der Arbeit als Pädagoge. In drei Jahren am LiHi hat er vieles aufgebaut – vor allem ein enges Verhältnis zu den Schülern, die jetzt entsprechend traurig über den Verlust ihres Lehrers sind. Für Werner ist die Ablehnung seines Antrags, vor allem aber auch die Art und Weise der Kommunikation der ADD eine riesige Enttäuschung.

Das gilt auch für die Bad Kreuznacherin Dr. Annette Esser. Bei ihr ist der Fall etwas anders gelagert. Die alleinerziehende 56-Jährige ist offiziell voll ausgebildete Lehrerin mit erstem und zweitem Staatsexamen – und dennoch nach vier Jahren am LiHi jetzt arbeitslos, weil auch ihr Vertretungsvertrag nicht verlängert wird. Deshalb hat auch sie einen Brief ans Bildungsministerium geschickt.

Der Philologenverband habe ihr gesagt, dass die Vertretungslehrer, die mindestens zwei Jahre an einer Schule sind, deshalb ein halbes Jahr pausieren müssen, weil eine Lehrerin erfolgreich geklagt habe – und das Land Angst vor weiteren Klagen habe. „Was ist das für eine Bildungspolitik?", ärgert sich Esser, die seit 18 Jahren als Lehrkraft arbeitet, am LiHi Kunst, Erdkunde, Religion und Ethik unterrichtete.

Das Bildungsministerium habe ihr geraten, eine Erweiterungsprüfung im Fach Kunst abzulegen und sich im Listenverfahren zu bewerben – allerdings habe sie mit dem Ablegen der Erweiterungsprüfung nicht gleichzeitig Anspruch auf eine Planstelle. „Eine sehr schwierige und unsichere Situation", sagt Esser. In der Bildungspolitik ginge es nicht mehr um Bildung, sondern nur noch um die Finanzen. „Ich habe eine volle Lehrerausbildung und fühle mich nach den verbeamteten und angestellten Kollegen doch nur als Lehrerin dritter Klasse."

Stephan Brust


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