Die Jagdhornbläser Hellberg-Kirn spielte, die Chorgemeinschaft Wallhausen sang Jägerlieder. Als Gastgeber und Forstamtsdirektor Bernd Closen ans mit Laub geschmückte Rednerpult trat, hatte er bereits unzählige Hände geschüttelt – von Politikern, Vertretern des Naturparks Soonwald-Nahe, des Regionalbündnisses und der Initiative Soonwald. Auch Soonwaldfee Kathrin Behrenz fehlte nicht.
Der Mythos „Jäger aus Kurpfalz" lebe nach wie vor, so Closen. Darauf ging Landrat Franz-Josef Diel, Schirmherr des Waldfestes am Soon, ein. Diel ist mit Johann Adam Melsheimer verwandt, den einige für den legendären Jäger halten. Doch Diel betonte: Laut neuester Forschung sei wohl der pfälzische Kurfürst Carl Theodor, später auch Kurfürst von Bayern, der Jäger aus Kurpfalz. Die mittleren Strophen, in denen dem Landesherren eine Vorliebe für junge Damen nachgesagt wurde, würden heute als despektierlich angesehen und nicht mehr gesungen, so Diel.
Er hob eine zweite historische Gestalt hervor: Hans Carl von Carlowitz, seines Zeichens Oberberghauptmann. Carlowitz erkannte Anfang des 18. Jahrhunderts, dass der Rohstoff Holz für den Bergbau viel zu schnell verbraucht wird. Vielerorts herrschte Kahlschlag. Daher forderte von Carlowitz eine „nachhaltige" Holzwirtschaft. Diel: „Davon profitieren wir heute noch." Der Soonwald sei nicht nur Lebensraum für Fauna und Flora, sondern auch der Ort, an dem Holz heranwachse und als vielfältiger Rohstoff genutzt werde.
Und der Wald sei ein Ort der Stille für die Menschen. Daher ziehe es Wanderer in Scharen auf den Soonwaldsteig, mit dem der Kreis inzwischen bei Naherholung und Tourismus ordentlich punkte. Closens Vorgänger Hansjochen Staege fragte in seinem Beitrag: Wer war der Held des Liedes „Jäger aus Kurpfalz"? Er präsentierte neun Namen. Heimatforscher hätten so manche Fehde ausgetragen. Pfalzgraf Johann Casimir könnte der Gesuchte sein. Denn Kalendertagebüchern aus der Vatikanbibliothek zufolge soll er 235 Hirsche in sechs Jahren erlegt haben. Für den Förster Melsheimer spreche, dass er aus dem kurpfälzischen Stammgebiet auf den Struthof in Münchwald gekommen sei.
Utschs Rolle entstamme vor allem einem 1913 von einem Enkel herausgegebenen Roman. Zwar war der Weidmann, den Kaiser Wilhelm II für den Jäger aus Kurpfalz hielt, kurpfälzischer Förster und Jäger. Weitergehende Beweise seien jedoch dünn gesät. Ein Utsch-Enkel berufe sich auf eine ungesicherte Familientradition, und viele seiner Angaben seien „reine Fantasie", zitierte Staege den Forscher Valentin Palm. So sei Utsch weder Forstinspektor noch Erbförster gewesen.
Zudem war zu seiner Zeit der Wildbestand mager: Im Soonwald weideten damals 4000 Rinder und viele Hausschweine und machten den Jagdtieren Konkurrenz. Folge: Utsch schoss in 15 Jahren nur drei Stück Rotwild und einen Bock. Dennoch genehmigte Kaiser Wilhelm II. den Gedenkstein und kam zur Enthüllung am 13. August 1913. Staeges Fazit: „Wer der Jäger aus Kurpfalz tatsächlich war, ist nicht genau zu bestimmen." Das Volkslied besinge das „Urbild des Jägers".
Richard Walter, einst Bereichsredakteur des „Oeffentlichen" in Bad Kreuznach und heute 92 Jahre alt, zitierte Archivmaterial über die Einweihung des Denkmals in Entenpfuhl. Staatsdiener, Soldaten, Mitglieder der Kriegervereine und Untertanen mit Passierschein hätten teils stundenlange Wege hinter sich gebracht, um Seiner Majestät 1913 ansichtig zu werden. In Entenpfuhl hielt es Wilhelm II. weit länger als am Kurhaus in Bad Kreuznach, das er nur kurz betrachtet habe, bevor er sich in seiner kaiserlichen Kutsche entfernte.
Die Mitarbeiter des Forstamts hatten zum Festakt den Denkmalsplatz gesäubert und einen Zaun vor dem Tonnenbach errichtet, der an Entenpfuhl vorbeifließt. Schwarz-Weiß-Aufnahmen zeugten in einer Ausstellung vom Besuch des Kaisers vor 100 Jahren. Thorsten Koch