Emmi, das Schaf, ist weg! Spurlos verschwungen. „Eeemii!", rufen die Hirtenkinder im Chor und suchen in der Planiger Pfarrkirche St. Gordianus nach ihrem Schäfchen. In allen Ecken. Sie sind Hirten, die in der Heiligen Nacht eher zufällig den Stall von Bethlehem, Maria und Josef und das Kind in der Krippe finden. Wir besuchen die Generalprobe des Weihnachtsspiels, das die „Gordi-Singers" traditionell seit 15 Jahren aufführen. Stets etwas abgewandelt.
Diesmal ist es ein Singspiel von Valerie Lill, das Birgit Stumpf und ihr Sohn Benedikt ausgewählt haben. Die Hirten sind arme Geschwister, die Hunger haben, der kranken Mutter helfen, damit die Familie überlebt.
Viel Text für die Akteure und den Chor. Doch die kleinen Sänger und Schauspieler haben die Geschichte weitgehend im Griff. Schließlich sind Fiona (11), der Oberhirte mit dem meisten Text, und Gioia (10) Auftritte vor viel Publikum gewöhnt. Auch Sina (8), die die Maria spielt, und Kathrin (8) als Josef haben schon als Engel klein angefangen.
Birgit Stumpf lässt das Stück noch einmal durchspielen: Die Hirten auf der Suche nach „Emmi", begleitet von blökenden Schäfchen, die auf Knien durch die Kirche rutschen. Sie sehen den Stern über Bethlehem, der ihnen wichtiger ist als Emmi, finden den Stall. Sie bringen keine Geschenke, sondern werden überraschend von Maria und Josef beschenkt. Mit Geld und Brot – auch für Emmi (gespielt von Lara Lindenthal, 5), die sich herangeschlichen hat.
Dann kommt Benedikt Stumpf ins Spiel, schlägt auf dem E-Piano die ersten Töne an. Nanu, klingt das nach dem rosaroten Panther? „Ja, das ist unser Erkennungszeichen, dass jetzt Ruhe herrschen soll", klärt Stumpf auf.
Der Chor sammelt sich auf den Stufen zum weiträumigen Kirchenchor mit seinen herrlichen Fenstern. Bevor er loslegt, wird etwas Gymnastik gemacht: Strecken, Arme hoch, Beine ausschütteln. Und die Stimmen müssen natürlich auch aufgewärmt werden im etwas kühlen Gotteshaus. Ein angeschlagener Ton wird durch die Chorreihen gegeben wie ein Baby. Wie das Jesuskind.
Als der Kinderchor singt, hat jeder seinen festen Platz. Aber die 38 Kinder sind doch auch wie der berühmte „Sack voll Flöhe". Das verlangt von Birgit und Benedikt Stumpf, die immer Freitagsmittags mit dem Nachwuchs üben, eine Engelsgeduld. Und das nicht nur zur Weihnachtszeit. Da wird schon mal gebabbelt, abwesend am Ärmel gekaut, mit dem Schal gespielt, herzhaft gegähnt. Kinder eben. Benedikt Stumpf sing, dirigiert, verbessert, kritisiert mal leise, mal deutlich.
Birgit Stumpf holt ab und zu eines der ganz Kleinen heraus aus den Reihen, die Großen hinten werden gemahnt, doch bitte kräftig mitzusingen. „Nur weil ihr diesmal Schauspieler seid, heißt das nicht, dass ihr nicht singen müsst", mahnt Stumpf. Der Kritik folgt wieder das Lob, wenn die Singers kraftvoll, tonsicher „Bethlehem, du kleine Stadt" oder „Endlich Weihnachten" anstimmen.
Eine gute halbe Stunde dauert das Stück, das seit Anfang November geprobt wird. Einer der Hirten muss noch ein bisschen üben, die anderen können den Text wie im Schlaf – natürlich auch den der Nebenleute. Es wird wie immer gut gehen, wenn es am Heiligen Abend um 16 Uhr darauf ankommt. Das Weihnachtsspiel der Gordi-Singers am Heiligen Abend in St. Gordianus gehört für die Planiger Katholiken einfach dazu.
Und sollte es einmal haken im Ablauf: Die glockenhellen Stimmen der Hirtenkinder, der Engel und der Gordi-Singers werden das voll besetzte Kirchenschiff bis in den letzten Winkel ausfüllen. Die drollige Suche nach Emmi, die rührende etwas andere Weihnachtsgeschichte, die frisch vorgetragenen Lieder werden eine Stimmung in die Kirche zaubern, die zu Tränen rührt. Versprochen. Armin Seibert