Selbst in Schweinschied, das eine besondere Beziehung zu dem knackigen Obst hat, schütteln die Einwohner den Kopf, wenn sie auf den kuriosen „Tag des Apfels“ angesprochen werden.
Die kleine Ortsgemeinde ist von Streuobstwiesen umgeben. Hier gedeihen noch alte Apfelsorten. Albert Maurer zum Beispiel hütet auf seinen Grundstücken Ontario-, Boskoop-, Kohl-, Oldenburger-, Delicious-, Klara- und Cox-Apfelbäume wie seinen Augapfel. Maurer hat für seinen Sohn Julian ein Kohlapfelbäumchen gepflanzt. Die alte Sorte ist bis vor das Jahr 1450 gesichert nachweisbar.
Die Masse der in Schweinschied geernteten Äpfel wird zum Keltern genutzt, berichtet Ortsbürgermeister Gerhard Fritz. Apfelwein ist in der Gemeinde ein beliebtes Getränk. Das Obst lässt sich auch gut einlagern und für leckere Kuchen verwenden. Die Schweinschieder Äpfel sind weniger zum direkten Verzehr geeignet, weil sie sehr säuerlich sind, können aber gut zu einem Obstbrand verarbeitet werden, weiß Gerhard Fritz. Albert Maurer hingegen isst täglich einige seiner Äpfel, schätzt speziell die Sorte Oldenburger. Ehefrau Elke bereitet gern Apfelmus sowie Apfelkuchen und -pfannkuchen zu.
Schweinschieds Ortsbürgermeister Fritz schwärmt von der Lage seiner knapp 200 Seelen kleinen Gemeinde: In ein landschaftlich schönes Tal eingebettet, verfügt sie an ihren Ortsrändern über eindrucksvolle und sehr ausgedehnte Streuobstwiesen. Diese schließen sich direkt an die Bebauung an und bilden einen faszinierenden Übergang zum Ackerland auf der einen und zum recht großen Naturschutzgebiet Ringberg auf der anderen Seite.
Der erste rheinland-pfälzische Streuobst- und Naturlehrpfad wurde 1999 in Schweinschied eröffnet. Die Idee, gut ein Jahr zuvor am Stammtisch geboren, konnte von den engagierten Bürgern umgesetzt werden. Auf dem rund zwei Kilometer langen Rundkurs gibt es jede Menge zu entdecken. Schon am Startpunkt Grillhütte befindet sich eine Attraktion: Mitten im Wald liegt hier eine der wenigen intakten Freiluft-Kegelbahnen. „Wer also Lust hat, kann vor der Obst- und Naturentdeckungsreise eine Kugel unter freiem Himmel schieben“, wirbt Schweinschied.
Der Streuobst-Lehrpfad führt erst durch uralte Streuobstwiesen, vorbei an etwa tausend Apfel-, Kirsch- und Pflaumenbäumen, mündet dann in den Naturlehrpfad, der die Gäste durch ein Waldstück bis zum Römerdenkmal bringt – laut Experten das größte Natursteindenkmal jenseits der Alpen.
Auf dem ausgeschilderten Weg geben rund 40 Informationstafeln Auskunft über die jeweilige Baumsorte, den Obstanbau, die Entwicklung der Obstsorten, die Tierwelt und vieles mehr. Der Streuobstpfad soll dazu beitragen, „dass der ökologisch wertvolle Lebensraum Streuobstwiese und die landschaftliche Schönheit der Region allen Besuchern aufgezeigt und verdeutlicht werden“. Vor allem für Schulklassen und Familien ist dieses Ausflugsziel interessant. Allerdings: „Mit dem Kinderwagen schafft man die zum Teil holprige Strecke nicht“, warnt Ortsbürgermeister Gerhard Fritz.
2002 hat die Gemeinde eine 1,2 Hektar große Streuobstwiese mit 40 Hochstammbäumen bepflanzt. Hobbyhistoriker Albert Maurer fand beim Studium alter Unterlagen heraus, dass Lehrer Adolf Martin, der von 1904 bis 1923 in Schweinschied unterrichtete und den Imkerverein gründete, im Herbst 1912 für den Garten- und Obstbauverein 200 Bäume bei einer Firma Pflug in Baltersbach geordert hatte. „In Schweinschied sind Obstbäume halt gut aufgehoben“, freut sich Maurer.
Von unserem Redakteur Klaus Dietrich