Bad Sobernheim - „Er verteidigt nicht nur bei ,Hart aber Fair' den Ankauf von Steuer-CDs, sondern ist sich auch nicht zu schade, einmal an die Basis nach Bad Sobernheim zu kommen." So begrüßte SPD-Stadtverbandsvorsitzender Thomas Neumann den rheinland-pfälzischen Finanzminister Dr. Carsten Kühl am Mittwochabend.
Rund 50 Zuhörer waren in die Malteserkapelle gekommen – Bürger von Kirn bis Langenlonsheim, von denen viele politisch aktiv sind – und nutzten die Gunst der Stunde, Dr. Kühl zum Thema „Kommunale Finanzen" zu hören. VG-Ratsfraktionschef Dr. Denis Alt (Monzingen), der im Finanzministerium arbeitet, hatte den Abend initiiert. Zwar erwartete niemand, dass der Minister das Allheilmittel gegen Schuldenberge auspacken würde. Ein wenig mehr als das kompetente, aber eher allgemeine einstündige Referat hätte sich mancher jedoch schon gewünscht.
Konkreter war da SPD-Kreisvorsitzender und Erster Kreisbeigeordneter Hans-Dirk Nies, der dem Finanzminister vor Augen führte, dass 104 von 119 Städten und Gemeinden im Kreis einen defizitären Haushalt haben.
Seit der Wiedervereinigung habe es nie ein Jahr gegeben, in dem die Einnahmen die Ausgaben gedeckt hätten. Somit sei der Schuldenstand des Kreises auf inzwischen rund 220 Millionen Euro gewachsen – und steige alljährlich um weitere rund 18 Millionen Euro an. „Wir sind dringend auf Hilfe von Dritten angewiesen", meinte Nies, der mit Blick auf den demografischen Wandel in den folgenden Jahrzehnten ein „finanzielles Desaster" kommen sieht. Finanzminister Kühl begann mit dem Jahr 2009, als die deutsche Wirtschaft im Zuge des Beinahe-Zusammenbruchs des Bankensystems um 5 Prozent geschrumpft sei. Das habe ein weiteres Loch in die kommunalen Haushalte gerissen, ohne dass die Ausgaben zurückgegangen seien. Mit richtigen Steuersenkungen und Subventionen habe der Staat die Krise dann aber bewältigt.
Ein weiterer, guter Schritt sei die Schuldenbremse im Grundgesetz, die mit dem europäischen Fiskalpakt ab dem 1. Januar 2014 zementiert werde. Für die Schuldenberge sei niemals einer allein verantwortlich, sagte Kühl weiter: „Doch wenn wir die Finanzprobleme nicht lösen, bekommt die Demokratie Probleme", sagte er voraus und verwies auf die schon heute „minimalen Gestaltungsspielräume in Kommunen unterhalb der Bezirksebene". Schließlich sei die Demokratie dort am stärksten, wo Menschen für ihre eigene Lebenswirklichkeit Entscheidungen treffen könnten.
Positiv sei wiederum, dass der Bund bis 2015 schrittweise die Kosten für die Grundsicherung von Ländern und Kommunen übernehme. Ein weiteres Problem, vor dem der Finanzminister in Bad Sobernheim warnte, waren potenziell steigende Zinsen auf den Finanzmärkten. Eine Schuldenaufnahme sei derzeit zu niedrigsten Zinsen möglich. Kühl fragte: „Was aber, wenn sich das mal ändert?" Kommunalpolitisch interessant war die Fragerunde, die ein Vertreter des SPD-Stadtverbandes Bad Münster am Stein-Ebernburg eröffnete. Mit Blick auf eine mögliche Fusion von BME mit Bad Kreuznach meinte er, dass die „Politgiganten im politischen Gegenlager" gerade dabei seien, „die Fusion mit Bad Kreuznach durch ihr Pokerspiel um die auf 15 Jahre gestreckte 30-Millionen-Euro-Förderung zu vergeigen". Kühl stimmte zu. Auch er finde es unschön, dass da so viel gezockt wird.
Nach 100 Minuten ging die Versammlung in den gemütlichen Teil über. Der Finanzminister blieb gern noch zum Plausch in kleiner Runde und mit gutem Nahewein. (art)