Kreis Bad Kreuznach - Das hochgiftige Jakobskreuzkraut breitet sich im Kreis Bad Kreuznach aus. In den Wochen um den heutigen Jakobstag haben Landwirte und Tierhalter nach Angaben der rheinland-pfälzischen Landwirtschaftskammer die Giftpflanzen wieder vermehrt auf Weiden und an Wegesrändern beobachtet und dies der Kammer gemeldet. Sie hat deshalb einen Warnhinweis herausgegeben, der sich vor allem an die Pferde-, Rinder- und Schafhalter aus der Region richtet.
Die Kammer, die ihren Sitz in Bad Kreuznach hat, appelliert an private und öffentliche Flächeneigentümer, das Jakobskreuzkraut konsequent zu bekämpfen, da es anhand seiner Blüten und dem sich rot färbenden Stängel jetzt sehr gut zu erkennen ist. Die Pflanze ist anspruchslos, wird bis zu einem Meter groß, besitzt löwenzahnähnliche Blätter und im oberen Teil gelbe Blüten in einer verzweigten Schirmrispe. Vor der Samenbildung sollte es gründlich und vollständig gemäht oder mit der Wurzel ausgerissen werden.
Die Pyrrolizidin-Alkaloide, eine pflanzliche Stoffklasse, machen das Jakobskreuzkraut so gefährlich. Sie werden in der Leber zu giftigen Stoffwechselprodukten abgebaut und schädigen das Organ nachhaltig. Hat sich ein Tier akut vergiftet, verenden Pferde oder Rinder im schlimmsten Fall kläglich.
Besonders kritisch ist die Zeit vor der Blüte, denn die jungen, außerordentlich giftstoffreichen Blätter können von den Tieren auf der Weide gefressen werden. Sobald die Pflanzen gelb und margeritenartig blühen, rühren Tiere sie meist nicht mehr an. Wenn die Blüten dann aber Samen bilden, weil die Fläche nicht gemäht wird, ist die Ausbreitung im kommenden Jahr programmiert.
Gefährlich wird es außerdem, wenn die Pflanzen in das Heu oder die Silage gelangen. Die Weidetiere können dann nicht mehr unterscheiden, was sie fressen, da Farbe und Bitterstoffe der Pflanze entwichen sind. Die Giftstoffe allerdings bleiben erhalten.
Pferde- und Rinderhalter sollten sich also regelmäßig auf Feldzüge gegen die drohende Gefahr begeben. „Wir kontrollieren regelmäßig unsere Weiden und reißen das Jakobskreuzkraut mitsamt der Wurzel aus“, sagt Aline Derschug. Sie ist Pferdehalterin aus dem Kreis Bad Kreuznach. Auch die Bauern, die ihren Pferden das Heu liefern, würden darauf achten, dass kein Jakobskreuzkraut auf ihren Wiesen wächst. „Da wir unsere Wiesen regelmäßig selbst kontrollieren, hatten wir auch noch keinen Vergiftungsfall“, sagt Derschug.
Dr. Barbara Rustige, Tierärztin beim Kreisveterinäramt, weiß, dass die Halter selbst in der Pflicht sind: „Es gibt keine staatliche Bekämpfung oder ähnliche Maßnahmen“, sagt sie. Den Tierhaltern könne sie nur raten, ihre Weiden zu beobachten und die Pflanzen zu beseitigen. Rustige: „Wir haben schon von zahlreichen Pferdehaltern gehört, dass sie peinlich genau über ihre Wiesen gehen und jedes noch so kleine Pflänzchen ausreißen.“
Das ist auch nötig, denn leidet ein Tier unter einer akuten Vergiftung, ist dringend tierärztliche Hilfe gefragt. „Jakobskreuzkraut bewirkt, dass sich die Leberzellen nicht mehr teilen“, beschreibt die Veterinärin Dr. Anja Gabe von der Tierklinik Binger Wald in Waldalgesheim die Wirkung der Giftpflanze. Doch nicht jede Vergiftung muss gleich tödlich enden. „Die Leber hat ein riesiges Potenzial, sich zu erholen“, sagt Gabe. Dennoch: Die Prognose bei Vergiftungen mit Jakobskreuzkraut ist aufgrund der Giftwirkung schlechter als bei anderen Lebererkrankungen und die Schwere einer Vergiftung mit Jakobskreuzkraut dosisabhängig.
In den vergangenen acht Jahren seien ihr lediglich zwei Todesfälle bekannt, die auf das Jakobskreuzkraut zurückzuführen seien. Die Tierärztin behandelt allerdings oft Tiere mit erhöhten Leberenzymen. „Aber wir wissen meist nicht, ob das Jakobskreuzkraut die Ursache ist“, so Gabe. Die Tiere könnten auch andere Giftpflanzen gefressen haben. Es ist bislang noch nicht gelungen, die Pyrrolizidin-Alkaloide im Blut nachzuweisen. Die Tierärzte können also nur aufgrund der Symptome eine Vergiftung mit Jakobskreuzkraut in Betracht ziehen. Hinzu kommt: Stirbt ein Tier, so wird es normalerweise nicht obduziert, um den Grund herauszufinden.
Denise Bergfeld