Kreis Bad Kreuznach - Eigentum verpflichtet: Hausbesitzer, die ihre Immobilie verfallen lassen, müssen künftig mit härteren Maßnahmen von Städten und Gemeinden im Kreisgebiet rechnen. Sogenannte Schrottimmobilien können nicht nur zwangsweise abgerissen, sondern die Eigentümer einfacher als bisher an den Kosten beteiligt werden. Möglich macht dies eine Änderung des Baugesetzbuches, die der Bundestag verabschiedet hat.
„Damit sind wichtige Weichen gestellt, dass marode Immobilien, die jahrelang unbewohnt vor sich hingammeln, nicht zum Dauerproblem werden", sagt Michael Schweikert, Bezirksvorsitzender der IG Bau Koblenz/Bad Kreuznach. Besonders aus städtebaulicher Sicht sei das wichtig, erklärt er weiter. „Heruntergekommene Gebäude entwickeln sich nicht selten zu Schandflecken, die auch die Wohnqualität in der Umgebung verschlechtern und die Entwicklung in den Städten und Gemeinden blockieren."
Ein Problem, das vor allem von der Bad Kreuznacher Neustadt bekannt ist, ein Viertel, das an und für sich einiges zu bieten hat, weil es Wohnen und Kultur, Arbeiten, Freizeit und Gastronomie unter einen Hut bringt. Doch stehen dort Häuser auch komplett leer, und teils ist die Bausubstanz erheblich in die Jahre gekommen, sodass manches gar nicht mehr zu retten ist. Investoren scheuen oftmals die hohen Sanierungskosten und wollen nur einsteigen, wenn die Altlasten beseitigt sind, sprich: das Grundstück frei ist. Das aber kann teuer werden, wie im Fall der von der Stadt gekauften Liegenschaft Poststraße 11 (wir berichteten). Der Abriss kostet die Stadt 300 000 Euro, weil das Haus behutsam per Hand abgetragen werden muss. Ansonsten ist das Nachbargebäude einsturzgefährdet.
Freilich: Gar so hoch sind die Abrisskosten baufälliger Häuser zumeist nicht, sondern liegen im Kreis zwischen 5000 und 30 000 Euro, je nach Immobilie. Dass die Abrissbirne zwangsweise eingesetzt wird, kam in der Neustadt noch nicht vor, weiß Wirtschaftsdezernent Udo Bausch. „Die Stadt ist daran interessiert, dort Grundstücke mit baufälliger Bausubstanz zu kaufen, wenn sie wichtig für die Stadtentwicklung sind", erklärt Stadtplaner Bettino-Hans Gagliani. So zum Beispiel in der Lauergasse, wo einige Häuser nicht wirtschaftlich saniert werden können und ein Abriss ansteht. „In zweiter oder dritter Reihe müssen die Grundstücke nicht unbedingt neu bebaut werden. Da können auch Freiflächen entstehen, kleine Plätze etwa", so Gagliani weiter.
Alles in allem ist das Problem „Schrottimmobilie" jedoch nicht nur eins der Stadt, sondern auch des Landkreises: Markus Werger von der Kreisbauaufsicht weiß, dass der Anteil leer stehender Objekte auf dem Land wegen der Überalterung der Bevölkerung stetig zunimmt. Je abgelegener der Standort, desto schwieriger wird es, einen Käufer zu finden – und die Gefahr steigt, dass unbewohnte Gebäude vor sich hingammeln. Rund zweimal pro Monat muss die Kreisbauaufsicht prüfen, ob eine Immobilie nach der Landesbauordnung als einsturzgefährdet anzusehen und abzureißen ist. „Wir sind dabei gehalten, immer das mildeste Mittel zu wählen." cob