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Bauer Planz: Der Bullenreiter von Seibersbach

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Seibersbach - Hans-Willi Planz heißt der Mann, der die Bullen zum Kuscheln bringt. Doch nicht nur seine verschmußten 850-Kilo-Kolosse sichern dem Landwirt und seinem Demeter-Hof regelmäßig Aufmerksamkeit.

Ein bisschen nervös wirkt Zuchtbulle Adam dann doch, als Hans-Willi Planz sich auf seinen Rücken schwingen will. „Lammfromm" und „zutraulich" sei das Limousin-Rind, hatte Planz vorher versichert. Ganz anders als Zuchtbullen normalerweise, die sich nicht scheuen, ungebetene Besucher auf der Weide mit ihrem ganzen Kampfgewicht zu attackieren. Die beiden fast 850 Kilo schweren Bullen, die der Seibersbacher Biobauer auf seinem Hofgut hält, sind da aus anderem Holz geschnitzt. Adam und der weiße Charolais-Bulle Schimmel lassen es zu, dass ihr Besitzer sie tätschelt, mit ihnen schmust – und gar in Cowboy-Manier mit einem Lasso auf ihnen reitet. „Manchmal klappt es sogar, dass ich mich auf den Rücken stelle", sagt der 49-Jährige.

An diesem Tag wagt er diesen Balanceakt aber nicht. Grund: Die beiden 17-Zentner-Jungs sind abgelenkt durch Kuh Eva, die gerade „rindert", wie Planz sagt und damit meint, dass die Dame ihre fruchtbaren Tage hat. Trotzdem schafft Planz es rasch, die liebestollen, nervösen Bullen zu beruhigen. Und schwupps, sitzt er auf dem Rücken von Adam. Ganz entspannt trottet der braune Koloss über die Wiese und lässt sich auch nicht aus der Ruhe bringen, als Planz das Lasso auspackt und der Auslöser der Kamera klickt.

Auch Jungbulle Schimmel lässt den Seibersbacher ohne zu zucken aufsitzen. „Der Tierarzt konnte es nicht glauben, als er das gesehen hat", sagt Planz, das sei „einzigartig". Den meisten Bullen könne man sich nämlich gar nicht nähern, weil sie zu aggressiv sind. Szenen wie diese sind es, die den umtriebigen und sendungsbewussten Landwirt immer wieder in Zeitung und Fernsehen bringen. Denn auf seinem idyllisch gelegenen Bauernhof in Seibersbach gibt es viel Ungewöhnliches zu sehen.

So ist Planz, der sich auf dem Demeter-Hof neben der Rinderzucht auf Getreideanbau spezialisiert hat, einer der Ökopioniere in der Region. Schon früh setzte er auf Dinkel und verschickt seine Dinkelspelzkissen bis heute an Kunden in ganz Deutschland. Zudem baut Planz Emmer an, eine alte, fast vergessene Getreidesorte. Und Miscanthus, ein anspruchsloses Schilfgras, das sich bestens als Heizmaterial und Dämmstoff eignet. Selbstredend, dass sämtliche Dächer des Hofguts mit Solarmodulen gepflastert sind. „Das rechnet sich", betont der gläubige Landwirt, dem es Herzensanliegen ist, die Schöpfung zu bewahren.

Auch als Berater sei er gefragt, berichtet Planz, der unter anderem in der Zukunftsinitiative Rheinland-Pfalz (ZIRP) mitarbeitet: „Ich fahre jedes Jahr fast 60 000 Kilometer." Gerade erst sei er in Sachen Miscanthus in Tschechien gewesen. Damit Kinder sehen, wo ihr Essen herkommt, hat der vierfache Vater sein Hofgut als Schulbauernhof zertifizieren lassen. „Wenn die echte Hühner sehen und wir gemeinsam Apfelsaft machen, sind die Kinder hin und weg", lacht er.

Planz steht in einer langen Tradition. Seit dem 16. Jahrhundert ist der abgelegene Hof in Familienbesitz. 1993 eröffnete er dort den ersten Bioladen in der Region. Heute ist ein Bio-Supermarkt in Gau-Algesheim daraus geworden, den seine Frau führt. Dort gibt es auch das Rindfleisch von Planz' Hof – ein Geheimtipp, die Nachfrage ist viel größer als das Angebot.

Doch größer als ein Dutzend Tiere soll die Herde nicht werden, sagt er. Nur so könne er sich allein um jedes Tier kümmern. Und bei ihnen sein, wenn es jedes Jahr für fünf bis sechs von ihnen ans Schlachten geht. „Ich verabschiede mich von allen persönlich." Dass der handzahme Nachwuchs nicht ausgeht, dafür dürfte Zuchtbulle Adam wohl bald wieder sorgen.

Silke Jungbluth-Sepp


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