Kreis Bad Kreuznach - Tickets für das Champions-League-Finale im Wembley-Stadion. Am Oberbrunnen in Norheim schlägt das Losglück doppelt zu. Da macht es auch nichts im Fanblock des Gegners zu stehen.
Das Champions-League-Endspiel elektrisiert den Kreis: Kneipenwirte und Veranstalter rüsten sich mit Fernsehern und Großbildleinwänden. Wer am Samstag nicht beim Public Viewing ist, schaut zu Hause. Außer man hat Tickets fürs Spiel. Über 500 000 Bestellungen registrierte allein Borussia Dortmund. Zwei der heiß begehrten Karten konnte Carsten Ballof aus Norheim ergattern. Die Reise nach London tritt der Dortmund-Fan mit seinem Nachbarn Andreas Grabsch, Anhänger des Finalgegners Bayern München, an.
Kurios: Auch ihrem Nachbarn Kai Michelmann war das Losglück hold. Der BVB-Anhänger hatte es bei der Ticketverlosung des FC Bayern versucht – und steht am Samstag gemeinsam mit seiner Frau Simone, einer gebürtigen Dortmunderin, im Bayern-Block. „Das ist schon eine Wahnsinnsgeschichte. Am Anfang musste ich die Benachrichtigung zweimal lesen, ob das tatsächlich stimmt", erzählt Michelmann. Ein mulmiges Gefühl allein unter Bayern-Fans hat er nicht. Die Klubfarben werden nicht versteckt: „Das sind alles vernünftige Menschen, andere Farben sind drin."
Ähnlich entspannt sehen seine Reisegefährten den Trip nach London: von Rivalität keine Spur. Kennengelernt haben sich die vier vor rund fünf Jahren, als sie nach Norheim zogen. Auch wenn sich keiner als „Hardcore-Fußballfan" bezeichnen würde – die Leidenschaft zum runden Leder verbindet sie. Carsten Ballof ist seit rund zehn Jahren Dortmund-Fan, wie eine Initialzündung wirkte sein erster Stadionbesuch: „Seitdem bin ich elektrisiert." Andreas Grabsch, der selbst Fußballer war, begleitet seine Bayern schon seit Kindheitstagen.
Aber das Finale in Wembley steht über allem, auch für Kai Michelmann, der bereits den Gewinn der Dortmunder Meisterschaft im Vorjahr live im Stadion erlebt hat. Trotz Schwarzmarktpreisen von rund 3000 Euro kam ihm nie der Gedanke, sein Ticket zu verkaufen. „Nicht eine Sekunde." Sein Freund Carsten Ballof gibt zu: „Kurz habe ich schon überlegt. Aber das ist einmalig. So etwas nimmt man mit." Nach London geht es wegen der teuren Flugpreise gemeinsam im Auto.
Aller Eintracht zum Trotz, spätestens im Stadion wird dann doch ein wenig die Rivalität hochkochen. Einen genauen Matchplan, wie Dortmund das Endspiel gewinnt, hat Carsten Ballof auch schon: „Wahrscheinlich werden wir zurückliegen und dann den Geist von Malaga noch einmal anrufen", spielt der 45-Jährige auf den Last-Minute-Sieg im Viertelfinale an. Für Andreas Grabsch ist der Trip nach London allein bereits ein Gewinn. Trotzdem: „Der Finalsieg wäre riesig."
Robin Brand