Kreis Bad Kreuznach - Stefan Boxler ist kein Mann der markigen Worte. Und das ist gut so. Denn der sympathische, weil bodenständige 48-Jährige aus St. Katharinen argumentiert mit Bedacht, Vernunft und Erfahrung. Der Grünenkandidat für Berlin ist einer, der Ruhe und Fachwissen zugleich vermittelt.
Im grünen Sweatshirt und in grüner Regenjacke radelt Stefan Boxler unter wolkenverhangenem Himmel über den Kleinbahn-Radrundweg in Hargesheim, weiter nach Rüdesheim, Weinsheim bis nach Bockenau, wo er gern mal ein Päuschen einlegt und eine Kleinigkeit isst. "Mein Pullover passt ja jetzt echt gut", meint er lachend bei einer Kaffeepause in Hargesheim. Es sei ein Zufall, dass er gerade dieses Shirt aus dem Schrank geholt hat. Das Rad aber ist Programm: Stefan Boxler hat kein Auto. Wohl fährt er eine 600er Honda CBF. Doch er betont: "Ich fahre deutlich mehr Kilometer mit dem Rad als mit dem Motorrad."
Das passt zu einem Grünenkandidaten. Dass er Vegetarier ist, auch. Dass er sich zudem für erneuerbare Energien nicht nur einsetzt, sondern Fachmann auf dem Gebiet ist, macht den Grünenkandidaten glaubwürdig. Das wichtige Kernthema seiner Partei ist für Boxler ein Heimspiel. Schließlich war er "leitender Angestellter bei einem der größten Energieversorger mit grünem Migrationshintergrund", wie er schmunzelnd sagt. Ein Blick zurück.
Stefan Boxler ist nach dem Studium zum Wirtschaftsingenieur in Mannheim und Ludwigshafen nach Ostdeutschland gegangen und hat dort bei drei verschiedenen Stadtwerken als kaufmännischer Leiter mit Prokura gearbeitet, und zwar im sächsischen Zwickau, Werdau und Lichtenstein. Das war von 1992 bis 2011. Als sein Arbeitgeber, die Stadtwerke Lichtenstein GmbH, fusionierte, entfiel sein Posten. Stefan Boxler wollte sich umorientieren, etwas Neues anfangen. Und dann war da noch die Heimat, die ihn lockte und das Wissen: Seine Eltern werden auch nicht jünger und brauchen ihn vielleicht schon bald. So kam Boxler wieder zurück an die Nahe und machte sich als Energieberater selbstständig.
Bei den Grünen einzutreten, war aufgrund seiner Vita fast schon zwingend: Er wollte auf kommunaler Ebene etwas verändern und die Energiewende voranbringen. Das war 2003, als Boxler noch in Sachsen lebte und die Energieversorger allmählich von Braunkohle auf Erdgas umstellten, während er selbst bereits die biologische Variante favorisierte. Im Osten Deutschlands hat er sich auch über die Hinterlassenschaften des Uranbergbaus informiert und sich mit der hohen Zahl an krebskranken Beschäftigten der Branche auseinandergesetzt. Ein Thema, das ihn heute noch bewegt, weil viele Mitarbeiter, die aussteigen wollten, als vermeintliche Saboteure in DDR-Prozessen zum Tode verurteilt worden sind.
In seiner Zeit in Sachsen wurde Boxler denn auch zum erfahrenen Wahlkämpfer: 2005 und 2009 trat er als Bundestagsdirektkandidat an. In der Kreisstadt Werdau stellte er sich auch zur Oberbürgermeisterwahl. Seit 2012 ist er Vorstandsmitglied im Kreuznacher Kreisverband der Grünen und seit 2013 Vorstandssprecher im Ortsverband Rüdesheim.
Wenn Stefan Boxler mal gerade nicht in Sachen Politik oder Energie unterwegs ist, liest er gern, trifft sich mit Freunden auf ein Glas Bier oder geht ins Kino. Dabei ist ihm die hohe Literatur so lieb wie Unterhaltungsromane. Goethes "Wahlverwandtschaften" oder Tolkiens "Herr der Ringe" gesellen sich zu Schweden-Krimis von Maj Sjöwall und Per Wahlöö um Kommissar Martin Beck. Sollte Boxler nach Berlin gehen, so nimmt er von der Nahe nicht nur seine Bücher, sondern auch (unter anderem) seine Mitgliedschaft im Regionalbündnis Soonwald-Nahe mit. "Regionale Produkte bieten Arbeitsplätze und Perspektiven auf dem Land", ist sich Boxler sicher. So möchte er sich auch in der Bundeshauptstadt für die Vermarktung regionaler Produkte einsetzen. Das Leben eines ledigen Grünen aus Überzeugung, unterbrochen von seinem Einsatz für die grüne Politik.
Cordula Kabasch