Henz kann danach die Sänger, die er im Laufe der Jahre zu niveauvollen Chören geführt hat, nicht mehr weiter betreuen, weil künftig dem Bezirkskantor des Dekanates Donnersberg, Martin Reitzig, das ehemalige Dekanat Obermoschel zugewiesen wird.
Rückblick: Anfang 2013 haben die Dekanate Obermoschel und Kirchheimbolanden ihre für 2015 vereinbarte Fusion um zwei Jahre vorgezogen. Grund war der vorzeitige Weggang des Kirchheimbolander Dekans Thomas Vieweg. Der bisherige Obermoscheler Dekan Stefan Dominke ist nun Chef des neuen Kirchenbezirks Donnersberg mit Sitz in Kirchheimbolanden. Der Zusammenschluss verändert auch die kirchenmusikalische Situation in der protestantischen Gemeinde Obermoschel, wo sich die Nordwestpfälzische Kantorei und der Chor Con brio zu Proben im Gemeindehaus treffen.
Die 1984 gegründete Nordwestpfälzische Kantorei wird seit 26 Jahren von Markus Henz aus Odenbach geleitet. In ihr sind rund 40 Sänger aus den Kirchenbezirken Obermoschel, Rockenhausen, Lauterecken und der benachbarten Rheinischen Landeskirche aktiv, beispielsweise aus Meisenheim. Im Chor Con brio, der 2007 aus einer Gruppe entstand, die gern gemeinsam unter dem Dach der Kirchengemeinde singen wollte, engagieren sich knapp 20 Frauen und Männer im Alter zwischen 36 und 75 Jahren, wobei der jüngere Anteil größer ist. Das Durchschnittsalter liegt bei 43 Jahren. Davon können die meisten Chöre der Region nur träumen. Das Repertoire von Con brio umfasst neben traditionellem christlichen Liedgut Gospels und Spirituals, bekannte Musicalmelodien, Titel aus Rock und Pop sowie Volkslieder.
Markus Henz soll bleiben
Beide Chöre wollen ihren langjährigen Dirigenten, Bezirkskantor Markus Henz, der zum Jahresanfang 2014 ins Dekanat Otterbach wechseln muss, behalten. Bereits im Juli hatten sich Chormitglieder Hilfe suchend an das Amt für Kirchenmusik gewandt. Im August schrieb der Obermoscheler Pfarrer Dieter Ruble, der selbst im Chor Con brio aktiv ist, an Landeskirchenmusikdirektor Jochen Steuerwald und Oberkirchenrat Manfred Sutter. Pfarrer Ruble bittet in seinem Brief im Namen des Presbyteriums darum, dass Markus Henz aus Odenbach die Kirchengemeinde Obermoschel weiterhin betreuen darf. Ruble betont, es würde einen großen Verlust bedeuten, wenn Markus Henz sein Dirigat in Obermoschel aufgeben müsste. Auf beide Schreiben habe es anfangs keine Reaktion gegeben. Erst vergangene Woche sei ein sehr ernüchternder Besuch des Landeskirchenmusikdirektors Steuerwald in der Chorprobe erfolgt, klagen Chormitglieder. Steuerwald habe ihnen klipp und klar gesagt, dass es wenig Sinn mache, gegen die Entscheidung anzukämpfen. Die Sänger fühlen sich alleingelassen. Sie sind traurig, enttäuscht, frustriert und auch verärgert, wenn die Kirche in Zeiten, in denen sich immer mehr Menschen von den Kirchen abwenden, an den Gläubigen vorbei plant und solche, über Jahrzehnte gewachsene Strukturen wie in Obermoschel lediglich an Vergleichszahlen misst. „Menschen zählen offenbar nicht“, vermuten Chormitglieder aus Obermoschel.
Weite Wege in der Nordpfalz
Kirchenrat Wolfgang Schumacher, Pressesprecher der Landeskirche, teilt auf Anfrage des Oeffentlichen Anzeigers unter anderem mit, die bislang vorhandenen 13 hauptamtlichen Bezirkskantorenstellen sollten künftig besser verteilt werden. Der Bezirkskantor für die Kirchenbezirke Speyer und Germersheim sei beispielsweise für 78 000 Gemeindeglieder zuständig, die Bezirkskantorin für Kaiserslautern und Otterbach für 61 500, Markus Henz für das ehemalige Dekanat Obermoschel und die Dekanate Lauterecken und Rockenhausen nur für 28 000 Gemeindeglieder. Dabei nicht berücksichtigt sind die weiten Wege in der strukturschwachen Nordpfalz.
„Wir hatten Hoffnung, dass eine Lösung zu finden ist, wenn die Menschen vor Ort anderer Meinung sind als die Institution Kirche. Wir haben Alternativen vorgeschlagen, wie es möglich wäre, Markus Henz als Dirigent zu behalten, weil wir der Meinung sind ‚Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg’“, fasst Regine Gläser den Standpunkt der Sänger zusammen. Sie sagt: „Es ist zutiefst deprimierend, wie mit uns umgegangen wird. Hier in der Gemeinde engagieren sich relativ junge Leute. Wir sichern den Nachwuchs, bringen unsere Kinder mit in die Kirche und würden gern auch einen Kinderchor gründen. Wir singen nicht nur miteinander, wir leben auch miteinander. Unseren Chorleiter kann man nicht einfach gegen einen anderen austauschen. “
Von Roswitha Kexel