Bad Sobernheim - Ihn kennt jedes Kind, und er kennt jedes Kind: Alexander Verheyen, Rektor der Odernheimer Disibodenberg-Grundschule. Ende Juli scheidet der 65-Jährige in den Ruhestand aus, blickt entspannt zurück auf 25 Jahre als Leiter dieser 70 Kinder kleinen Zwergschule. Verheyen geht zur „besten Zeit", denn noch immer mache sein Beruf ihm richtig Spaß: „Ich bleibe mit Volldampf – und das bis zur letzten Sekunde."
Rückblick auf 16. Mai 1988: Als junger Lehrer noch halb in der Kirner Hellbergschule tätig, hatte er bereits die Odernheimer Leitungsfunktion von Lothar Christmann übernommen, fand sich langsam in seine neue Stelle ein.
Ernüchternd der Zustand des Baus von 1937: „Ein absoluter Sanierungsfall." Die stolze Zahl von 110 Kindern wurde hier damals unterrichtet. Tiefpunkt jahrelanger Unterhaltungsignoranz: die Toiletten. 1969 hatte die Verbandsgemeinde die Schule als Träger übernommen, wollte jetzt endlich investieren, hatte aber lediglich die maroden WCs im Blick. „Was, 2000 Mark?", fragte der Sobernheimer Sozialdemokrat und Werksausschüssler Walter Faber damals und prognostizierte: „Das könnt ihr vergessen." Er sollte recht behalten.
Am Ende war alles neu gemacht, angefangen bei den Wasserleitungen bis hin zu den Elektroinstallationen und Böden. Rund 250 000 Mark flossen in die Zwergschule, zu Zeiten, als VG-Beigeordneter Achim Schöffel nach Stromberg wechselte und Rolf Kehl sein Amt übernahm.
Heute, lobt Alexander Verheyen, steht die Schule tipptopp da, Sanierungsstau war gestern. Und so übernimmt seine Nachfolge – es wird eine Frau, wie zu hören, aber noch nicht letztendlich entschieden ist – ein bestelltes Gebäude.
Fünf Klassen mit sechs Lehrern arbeiten heute in Odernheim: Petra Steeg, Hildegard Rathmacher, Silke Bohn-Kistner, Barbara Härtel-Schäfer und in der Vorschulgruppe, die der ganzen Region dient: Christa Heyl. Dieser Gruppe, die Kinder beispielsweise aus Daubach, Monzingen, Kirn, Simmertal, Hochstetten-Dhaun oder Schweinschied besuchen, gliedert sie langsam in das Grundschulsystem ein, ist normalerweise mit zehn Jungen und Mädchen besetzt. Zurzeit sind es nur acht. Dass sie dennoch läuft, ist einer Ausnahmegenehmigung zu danken. „In Spitzenzeiten hatten wir 24 solcher Vorschüler", erinnert sich Alexander Verheyen an ihre Blütezeit. Längst vorbei.
Die Zahl der Kinder geht weiter zurück. Schade, denn gerade jetzt hat die Schule mehr denn je zu bieten. Etwa eine Bücherei mit 1500 Bänden. Freitagsmorgens kommen Eltern zur Buchstunde; dann lesen Kinder gemeinsam, erarbeiten sich das geschriebene Wort und werden nicht einfach multimedial überfrachtet. Oder das System der betreuenden Grundschule: die Betreuung bis 16 Uhr kostet 61 Euro, bis 15 Uhr 47 Euro und bis 14 Uhr 31 Euro. Ein Service, den Eltern schätzen und zunehmend nutzen. Für 3000 Euro hat der Förderverein der Schule, dem neuerdings Rüdiger Gödel vorsitzt, im September 2010 eine Küche angeschafft. 19 Kinder nutzen das Mittagessen zurzeit; alles ist individuell, also von Tag zu Tag auf die Wünsche der berufstätigen Eltern abgestimmt. „So etwas kann eine große Schule nicht bieten", weiß Alexander Verheyen, „da verstehen wir uns als Dienstleister." Vorteil: Es wird genau die bestellte Essenszahl produziert, teure und am Ende wegzuwerfende Übermengen gibt es nicht. Das Essen kostet 3 Euro, wird gefroren geliefert und mittags im speziellen Konvektomat genussfertig zubereitet.
Die Organisation der Disibodenbergschule stimmt, was ist mit den Inhalten? Haben sich die Kinder seit 1988 verändert? „Sicher haben sie das", sagt Alexander Verheyen, „so wie sich die Gesellschaft insgesamt verändert hat."
In die fast alltäglich-dramatisierende Betrachtung über mögliche Nachteile des Medienzeitalters für Kinder will er nicht verfallen. Jedes Kind sei für sich zu sehen, bringe seine Prägung aus Elternhaus und Umgebung mit. Drittklässler von heute, das könne er sagen, seien heute weiter, reifer als die Viertklässler aus seiner Anfangszeit als Lehrer – zu sehen an Verhalten, Themen, Kleidung. Vor allem bei Mädchen falle das auf. Ein verallgemeinerndes Bild von den Kindern, die damals so und heute so seien, will er nicht zeichnen: „Das würde ihnen nicht gerecht."
Aufgeregte Bildungstheoretiker, zwei neue Lehrer und eine Etappe der Tour de France
1948 in Bayerfeld im Donnersbergkreis geboren, wohnt Alexander Verheyen mit seiner Frau Hannelore seit 1971 in Meddersheim. Sie haben zwei Söhne (28 und 30 Jahre). Zwischen Januar und April 1969 arbeitete er bei Keiper-Recaro in Rockenhausen, studierte in Landau und stieg im April 1972 in der Kirner Grundschule in den Lehrerberuf ein.
Herr Verheyen, was werden Sie künftig nicht vermissen?
Das Ministerium und aufgeregte Bildungspolitiker, die von Wahl zu Wahl hetzen und nur ihren Weg für den richtigen halten; also besser wissende Allesversprecher und Blender, die noch nie Schule gemacht haben, die Akten bearbeiten, ohne den Menschen zu sehen.
Freuen Sie sich auf den Ruhestand?
Ein Gefühl der Freude hat sich noch nicht eingestellt. Ich habe den Kopf noch nicht frei, bin noch voll dabei.
Ist der Schulablauf auf den Wechsel an der Spitze vorbereitet?
Ja, das neue Schuljahr ist geregelt; wir bekommen zwei neue Lehrer: Carsten Aumüller aus Winzenheim und Susanne Bittner-Gaspar, die aus ihrer Elternzeit zurückkehrt. Hildegard Rathmacher scheidet ebenfalls in den Ruhestand aus.
Was planen Sie als Pensionär?
Ich habe keine festen Pläne, will offen sein für Neues. Ich würde gerne mal eine Etappe der Tour de France fahren, einen Marathon laufen, Saxofon spielen, mehr lesen, und ich werde Haus, Garten und die Gesundheit im Blick behalten. mz
Stefan Munzlinger