Die Männer und Frauen um Thomas Adrian (34), Leiter Rettungsdienst der DRK-Wachen im Kreis Bad Kreuznach, haben ihre Fühler ausgestreckt, sind auf der Suche: Ihre seit 20 Jahren an Sobernheims Breslauer Straße stationierte DRK-Rettungswache soll an einen anderen Standort umziehen. Gesetzliche Vorgaben und personelle Entwicklungen gebieten eine mittelfristige Reaktion. Auch und vor allem mit Blick auf die Mitarbeiter, sagt Adrian (36).
Nicht, dass sie mit ihrem jetzigen Standort, umgeben von Wohnhäusern, völlig unzufrieden wären. Nein, er liegt zentral, rasch sind die Nofallsanitäter (früher: Rettungssanitäter) auf der B 41 und können in alle Himmelsrichtungen ausschwärmen. Aber die Raumkapazitäten sind mit rund 120 Quadratmetern erschöpft; gutes Beispiel ist die eine Garage, in der der Rettungswagen (80 000 Kilometer im Jahr) steht; im Carport daneben wird der Krankentransportwagen (50 000 Kilometer im Jahr) geparkt. Keine Ideallösung, zumal die Garage als Reinigungs- und Hygienehalle dient. Sollten in zwei Jahren neue Fahrzeuge angeschafft werden, passen die fast schon nicht mehr in die Halle hinein. Die neuen Autos sind im Schnitt 70 Zentimeter länger als die heutigen Wagen.
Welche Standorte infrage kommen, können die DRK'ler noch nicht sagen; das müsse man in den Gesprächen sehen, meint Stefan Sitschewski (38), seit fünf Jahren in Sobernheim stationiert und seit vier Jahren Leiter der Rettungswache; Sitschewski ist mit einer Notfallsanitäterin verheiratet, wohnt in Monzingen und ist gemeinsam mit Johannes Bock aus Martinstein ehrenamtlicher stellvertretender Wehrleiter der Verbandsgemeinde Bad Sobernheim.
Wohin geht die Reise der Rettungswache? Nahe an die B 41, das steht schon fest, etwa nördlich des Sobernheimer Friedhofs? Viele Aspekte sind bei einem solchen Projekt zu bedenken, wohlgemerkt, man befinde sich ganz am Anfang, betont auch DRK-Pressesprecher Philipp Köhler (34), der Kreis sitze als den Rettungsdienst tragende Institution mit am Tisch. Für die Rettungsfachleute steht eines fest: Wir werden definitiv in Sobernheim bleiben, es wird eine gute Lösung geben. Und, wichtig für alle Bürger: Die bisherige Rettungswache ist ist voll einsatzfähig, auch wenn es hier und da etwas an Platz mangelt. Denn die Platzfrage hat nichts mit dem Tempo zu tun, mit dem die Sanitäter im Notfall ausrücken: In 15 Minuten, so ist es gesetzlich vorgeschrieben, müssen sie am Unfallort sein. „Und das sind wir auch", wie Thomas Adrian versichert: „In mehr als 98 Prozent der Fälle." Und sollte dieser Wert abnehmen, „müssten wir unsere Strukturen überprüfen". Nicht immer sind die 15 Minuten einzuhalten, beispielsweise wenn die Unfallstelle in einem schwer zugänglichen Gebiet, etwa mitten in einem Waldstück, liegt.
3052-mal war das neunköpfige Sobernheimer Team um Stefan Sitschewski 2013 im Einsatz – in allen Situationen: ob bei Unfällen auf der Straße oder im Haushalt oder bei Krankentransporten. Die Rettungsleitstelle am Kreisel nahe dem Marienwörth-Krankenhaus in Bad Kreuznach ortet die Fahrzeuge und kann das der Unfallstelle am nächsten gelegene Auto alarmieren. So kommt es, dass ein DRK-Team aus einer anderen Region, das im Naheland gerade einen Krankentransport ausführt, zu einer Unfallstelle gebeten werden kann. In Kirn und Meisenheim sind die nächsten Rettungswachen zu finden. Sobernheim, das loben die Experten einhellig, liegt zentral. „Wir sind rasch in allen Richtungen", sagt Stefan Sitschewski. „Ich freue mich immer, wenn wir FSJ'ler aus Sobernheim haben", ergänzt DRK-Rettungsdienst-Chef Thomas Adrian, „denn die haben es nicht weit zu ihren Einsatzstellen."
Was die Lebensretter, die häufig seelisch belastenden Momenten ausgesetzt sind, im Großraum rund um Sobernheim leben und täglich zwei Schichten von 7 bis 19 Uhr und von 19 bis 7 Uhr fahren, außerdem festgestellt haben: Auf dem Land kennen die Menschen einander und die Ecken und Winkel. Ein Wissen, das im Ernstfall, wenn es um Sekunden geht, Leben retten kann. Und: Das Anspruchsdenken der Menschen ist weniger ausgeprägt als in Städten. „Wir dachten, wir können doch da nicht so früh anrufen", hören sie oft von älteren Bürgern, die sich zwar erst am Morgen melden, aber schon in der Nacht Hilfe benötigt hätten.
Nachbarn loben das „vorbildliche" Team der Sobernheimer DRK-Rettungswache: „Die fahren nie mit Sirene zum Einsatz"
Der DRK-Rettungsdienst Rheinhessen-Nahe hat 700 Mitarbeiter, die ein Gebiet mit rund 564 000 Einwohnern betreuen. Zu den 18 Rettungswachen gehört auch die Sobernheimer Wache in einem Wohngebiet. „Das ist für die Anwohner schon eine Belastung, wenn bei Einsätzen nachts Autotüren ins Schloss fallen", weiß Stefan Sitschewski. Auch daher die Suche nach einem neuen, geräumigeren Standort.
Nachbarin Ulrike Koch sieht das entspannt. „Die DRK-Teams verhalten sich vorbildlich, fahren nie mit Sirene aus der Wache." Derlei Lob hören die Lebensretter gerne und fühlen sich Stadt und VG Sobernheim verbunden. Ja, man lege Wert auf die „Nachsorge", betont Stefan Sitschewski. 30. Dezember 2013: Ein Mann aus Sobernheim ruft an, bittet um Hilfe. Seine Frau liege mit einem Herzstillstand am Boden. Die Kreuznacher Leitstelle beruhigt den Anrufer und leitet ihn durch erste Reanimationsschritte bis zum Eintreffen des DRK-Teams. Die Frau kann gerettet werden. Noch vor wenigen Tagen hat Stefan Sitschewski sie besucht und sich nach ihrem Wohlbefinden erkundigt. Stefan Munzlinger