Bad Sobernheim / Monzingen / Weiler - Noch sind die Würfel nicht endgültig gefallen. Doch die Gewinner stehen schon fest: der MGV Liederkranz 1853 Sobernheim und die Chorgemeinschaft Monzingen und Weiler.
Mit ihrem Vorhaben, schon ab 2. Juni gemeinsam zu proben und am 2. Juli erstmals zusammen aufzutreten, kommen sie dem Schicksal vieler aus Altersgründen sterbender Gesangvereine – Altersdurchschnitt Sobernheim: 74,4 Jahre, Monzingen: 69 Jahre – zuvor: Sie stärken sich gegenseitig. Wenn auch nur für einige wenige Jahre.
Am Ende des nun begonnenen theoretischen Vorlaufs soll ein 61-köpfiger Großchor stehen, der in allen Stimmen ausreichend besetzt ist; so ausreichend, dass sich Dirigent Gerhard Wöllstein (50) noch einige schöne Konzerterlebnisse verspricht – für die Zuhörer genauso wie für die Sängerschaft.
Am Sonntag tagten die Vorstände und stimmten der seit Monaten reifenden Wöllstein-Idee des schrittweisen Zusammengehens grundsätzlich zu. Am Montagabend wurden die Sänger in den Proben im Sobernheimer Saarhotel und im evangelischen Gemeindehaus Monzingens informiert.
Fazit: Keiner führte Argumente gegen die musikalische Zusammenarbeit samt einer später möglichen Vereinsfusion an, im Gegenteil: Alle waren spontan angetan, berichtete Gerhard Wöllstein gestern Morgen auf unsere Anfrage: „Sehr erfreulich". Aus gutem Grund: Auch die Sänger blicken realistisch auf die Perspektive ihrer Chöre. Und daher wissen sie ganz genau: Wenn wir es jetzt nicht angehen, ist es schon bald zu spät für unseren gemeinsamen Gesang.
Nun wird aus zwei alten Chören zwar noch keine junge, qualitativ aufgewertete Formation, aber: Das Geheiminis steckt auch in der Quantität. Denn in Tenor eins und zwei sowie in Bass eins und zwei gebe es in beiden Chören Lücken, die man füllen müsse, wolle man das bisherige Repertoire beibehalten, sagt Dirigent Gerhard Wöllstein, der den Sobernheimern seit 2008 und den Monzingen/Weilerern schon einmal von 1983 bis 1993 und nach einer Pause wieder seit 2005 vorsteht. Und es gebe in beiden Chören und in den jeweiligen Stimmen „Leitwölfe", also Sänger, an denen sich andere orientieren und Sicherheit gewinnen könnten, um dann, derart gestärkt, neu motiviert mitzusingen.
Einige zurzeit kursierende Fragen, die mit dem Projekt „Großchor" beantwortet werden wollen:
Was wird aus den Vereinen? Sollen wir sie alle rasch auflösen und einen neuen Chor gründen? „Nach und nach", beschwichtigt beispielsweise Klaus Lange, Schatzmeister im MGV Liederkranz 1853. Jetzt erstmals testen, ob und wie das Ganze harmoniert, rät er. Auch er ist ein starker Befürworter der Wöllstein-Idee. Allerdings soll es Schritt für Schritt gehen, betont nicht nur MGV-Sänger Lange.
Wann wird wo geprobt? An ungeraden Monaten in Sobernheim und während der geraden in Monzingen, beginnend am 2. Juni, heißt es aus Chorreihen. Diese Details müssten aber erst noch genau festgelegt werden. Die Probenorte bleiben dieselben: Saarhotel und evangelisches Gemeindehaus. Beginn ist jeweils schon um 18 Uhr. Problemlos für die Sobernheimer mit nur einem Arbeitnehmer; problematischer dagegen für den Monzingen/Weilerer Chor, in dem fünf Arbeitnehmer singen.
Wann ist der erste Auftritt, wie präsentiert sich der Chor? Erstmals könnte er am Mittwoch, 2. Juli, beim Konzert der Chöre Sobernheims im Marum-Park singen. Gastgeber 2014 sind die Edelweißen aus Steinhardt um Dirigent Josef Stenzhorn. Auftreten könnte der Großchor – schon freuen sich die Sobernheimer Sänger auf den Premierenauftritt vor heimischem Publikum im (gefühlten) Herzen der Felkestadt – in schwarzen Hosen und weißen Kurzarmhemden, sagen die einen. Wir tragen unsere jeweilige Chor-Kleidung, weil wir damit zeigen, dass wir aus zwei Chören zusammengesetzt sind, schlägt ein anderer vor. Beim Repertoire herrscht Einigkeit: Das sei über weite Strecken vergleichbar, ja einiges sogar identisch, sagt Dirigent Gerhard Wöllstein. Eines ist klar: Sängerische Experimente werden bei den ersten Auftritten des Chors nicht unternommen, er wird auch so imposant genug klingen. Der Satz eines Sängers „Dann könnten wir auch mal bei einer Meisterprüfung antreten" klingt sehr optimistisch, zeigt aber die Hoffnungen, die die nunmehr selbstbewussten Liedfreunde mit ihrem noch gar nicht gegründeten Großchor bereits heute verbinden.
Was wird aus den Jahresbeiträgen, was aus den Vereinsvermögen? Auch diese Fragen wären in Vorstands- und Jahreshauptversammlungen zu klären. „Organisatorisch bleibt erst mal alles beim Alten", sagt Klaus Lange. Gut so, denn auf die Schnelle sind komplexe Themen nicht zu klären; etwa die Frage, was nach einer tatsächlichen Vereinsfusion aus dem Sängerareal am alten Monzinger E-Werk wird. Es gehört dem Monzinger Chor.
Wie heißt der neue Chor? Ein erster Vorschlag macht die Runde: „Naheland-Männerchor" – ein Arbeitstitel Gerhard Wöllsteins, der bei den Sängern spontan gut ankam. „Der Name ist sekundär", sagen die einen abwinkend. „Der Name sagt alles über den Chor", meinen die anderen und verweisen auf „mannOmann", den neuen und bald wohl schon 23 Mann starken Männerchor ihres Dirigenten. Stefan Munzlinger
Kommentar
Vor gut 20 Jahren erhoben die Ersten ihre Stimmen: Das mit den Männerchören könne so nicht weitergehen. Zu alt zum Singen, zu träge für neue Repertoires, zu isoliert für junge Leute. Seither ist mancher (zu) stolze Chor stetig geschrumpft, existiert nur noch auf dem Papier oder hat die Noten abgegeben. Ein Schicksal, das wohl auch den Sobernheimern und Monzingen/Weilerern schon bald geblüht hätte, würden sie nicht den Weg in Richtung Vereinsfusion einschlagen.
Wobei wir wissen: Dass sie sich jetzt zusammentun, ist nicht etwa eine Lösung auf ewige Zeiten, es verlängert lediglich die Lebensdauer der sterbenden Chöre um zehn, vielleicht um fünfzehn Jahre. Es kommt ganz drauf an, ob neue, junge Sänger dazustoßen – und da seien leise Zweifel erlaubt. Warum sollten junge – für die Gesangvereine gelten schon Menschen um 60 als hoffnungsvoller Nachwuchs – plötzlich den Weg in einen wenn auch beeindruckend vergrößerten, so doch überalterten Chor finden?
Die nächsten drei Schritte, die dem neuen Großchor jetzt zu raten sind:
Beschlüsse: Ebnet mit einhelligen Vollversammlungsbeschlüssen im März erst einmal den Weg für die Gemeinschaft. Es geht vor allem darum, die Sänger neu zu motivieren, damit sie in verstärkten Einzelstimmen nicht mehr das Gefühl haben, überfordert und alleine auf weiter (Lieder-)Flur zu stehen.
Gelassenheit: Werft nicht gleich alles über Bord, was bislang gut war. Will sagen: nicht im Überschwang des starken Klangkörpers die drei Vereine auflösen, denn das könnte treue Sänger verschrecken. Behaltet Identität und Tradition der drei Chöre zunächst ruhig bei.
Testlauf: Geht Schritt für Schritt und schaut, ob's im Alltag bei Proben, Konzerten und Festen harmoniert. Danach könnt ihr immer noch eine große, neue Chorfamilie gründen. Stefan Munzlinger